Matthias Nawrat - Wir zwei allein
Wo fange ich an?
Der Autor tauchte 2022 schon in meinem Blog auf. Damals mit dem Roman „Die vielen Tode unseres Opas Jurek“ (hier klicken für den Eintrag). Er hat den Eintrag bekommen, da mir der Schreibstil sehr gut gefallen hat. Die Art und Weise wie Dinge/Themen/Verhaltensweisen umschrieben aber nicht direkt benannt werden. Dieses Buch gab es günstig Second Hand, daher habe ich es einfach mitbestellt.
Gut, da ist der Anfang. Ich hab gerad noch eine halbe Stunde auf Instagram verbracht, Reels verschickt und noch was über Elektrolyse gelernt. Liegt aber daran, dass dieses Buch hier zu ein paar Loopings in meinem Gehirn führt. Ablenkung wird daher gern genommen. Trotzdem geht es jetzt rein:
Wir zwei allein könnte man leichthin als kitschige Liebesgeschichte lesen. Ein bisschen poetisch, ein Auf und Ab der Gefühle aber nicht altbacken. Der Erzähler liefert Gemüse aus im Breisgau, hat sein Studium abgebrochen und sitzt regelmäßig mit Bekannten in der Kneipe von Rudi rum. Dann betritt aber Theres die Bühne. Füllt seine Fantasie und nach einer Zeit auch sein Leben aus.
Ich habe das Buch vorgestern angefangen und brauchte dann erstmal eine Pause. Denn die Geschichte hat einfach soviele Ebenen und nach gut zwei Drittel hatte ich ein bisschen Angst vor dem Ende. Ich konnte nicht einschätzen, wie das zu Ende gehen sollte. Teilweise ist es so schön detailliert beschrieben und mit einer Klarheit. Dann folgen wieder Abschnitte, die alles mit dem Arsch einreißen. Aber eben nicht plump, sondern schleichend. Da werden Nuancen der Liebe & Beziehung Thematik getroffen, auf die ich nicht vorbereitet war. Bei aller Euphorie, Leichtigkeit und dem Streben nach mehr, schimmert immer mal wieder eine Tragik durch, die für mich manchmal schwer auszuhalten war.
Mittendrin haben der Erzähler und Theres einfach die Rolle gewechselt. Erst war er völlig verliebt, hat sich Dinge überlegt die er mit Theres unternehmen würde, was er ihr alles zeigen will. Theres ist sich unsicher, verschlossen und bleibt auf Distanz. Dann kommen die beiden aber zusammen und auf einmal ist er derjenige, der auf Distanz geht, Dinge nicht anspricht und unsicher wird. Was mich zu der Annahme gebracht hat: Er liebt sie gar nicht, sondern nur die Vorstellung von einer Beziehung mit ihr. Was aber im Nachgang nicht mehr ganz haltbar ist. Über Theres könnte ich wahrscheinlich noch stundenlang hier sitzen und ein Essay zusammentippen. Ich will aber gar nicht soviel vorwegnehmen.
Denn: Auf dieser Geschichte werde ich noch ein bisschen herumdenken. Tolles Buch, man muss sich drauf einlassen aber wenn das klappt, ist es umso beeindruckender.
Natürlich habe ich mir ein paar Sätze angestrichen:
„Wir sind ein eigenes Ökosystem. Mit einem geschlossenen Kreislauf aus Gerüchen, Berührungen, Flüstereien. Das sind wir. Das unteilbare Ganze. Das Atom in einer Welt aus Molekülen.“ (S. 69)
„Die Leere ist das Medium, über das wir Kontakt aufnehmen.“ (S. 90)
„Ein Prospekt vom Februar auf ihrem Küchentisch, der Ohrwurm in einem Marmeladenglas, die Strickjacke über der Stuhllehne. Das Gurren der Tauben auf dem Fenstersims. Und die Stille, die aus den Räumen spricht.“ (S. 95)
„Gibt es nicht nur immer dieses Etwas, das auf die Liebe wartet? Wir könnten uns gemeinsam den Dingen stellen.“ (S. 137)
Kommentare
Kommentar veröffentlichen