Rebekka Endler - Witches, Bitches, IT-Girls

Wie patriarchale Mythen uns bis heute prägen 

Bei diesem Buch hatte ich etwas Angst. Als ich im lokalen Thalia stand, habe ich mir gedacht, entweder ist wird ein super Buch oder eben kompletter Müll. 
Es ist ein ziemlich gutes Buch! Das stellte sich bereits nach dem ersten Kapitel raus. Daher alles richtig gemacht und ich kann euch allen dieses Buch nur sehr ans Herz legen. 
Ein schöner Streifzug durch verschiedenste Bereiche betrachtet unter dem Gesichtspunkt von Feminismus und dem gesetzten patriarchalem System (und wie man dieses zerlegen, aushebeln kann). Mir ist immer wichtig bei dieser Art von Büchern, dass es einen Feminismus beschreibt, der alle Frauen und weiblich gelesene Personen mit einschließt. Keine weitere Spaltung sondern mehr Verständnis und mehr Offenheit zum lernen. Denn betroffen von patrichal festgesetzten Strukturen sind wir alle. 

Wer entscheidet zum Beispiel was zum Kanon wird und in die Geschichtsschreibung mit aufgenommen wird? Männer. Wer definiert den Begriff von „Normal“? Männer. Das könnte ich so noch eine ganze Weile weiter machen. 
In diesem Buch wird zum Beispiel die Epoche der Romantik komplett zerlegt. Zurecht. Es geht um Tradwives, MommyBlogger, Wellen von Feminismus in den 60er und 70er Jahren und was das Motiv der Hexen damit zu tun hat und vieles mehr. Sobald Frauen sich emanzipieren greift eine Angst um sich, die verschiedene Auswüchse zum dagegenhalten entwickelt. Es ist aber immer das gleiche System, dass die Autorin hier sehr gut präsentiert und ausarbeitet. Die eigene Reflektion von erlernten misogynen Ansichten wird hier immer mal wieder mit eingestreut, was mir sehr gut gefallen hat. Denn wir sind nicht fehlerfrei, vor allem wenn man bedenkt, dass wir alle Teil des patriarchalen Systems sind. 
Wichtig ist auch, dass Frauen sich nicht gegenseitig zerfleischen. Man muss nicht gleicher Meinung sein aber es sollte eben nicht in Hass auf die Person enden, sondern mit Kritik an den Strukturen. 

Ein Punkt, der mir zum Beispiel gar nicht so bewusst war. Alle Übersetzungen von altgriechischen und lateinischen Geschichten, Fragmenten etc. wurden von Männern angefertigt. Das ändert sich gerade etwas und es ist komplett erstaunlich, was Frauen aus den Quellen machen. Ein ganz anderer Ton kommt dabei raus. Denn es gibt keinen Grund, dass eine Frau ein Wort wie „Weib“ nutzen würde oder aus einer Vergwaltigung (Daphne & Apollo) eine leidenschaftliche Liebesgeschichte macht. Zu Daphne und Apollo noch angemerkt, diese Lorbeerkranzscheiße kommt da auch her. Daphne hatte so keinen Bock mehr auf den aufdringlichen Apollo, dass sie sich in einen Lorbeerbaum verwandeln lässt. Kein Problem, Apollo hat sich trotzdem an ihr vergangen und als Zeichen seines „Sieges“, einen Lorbeerkranz von Daphne als Baum, aufgesetzt. Das wird heute noch als Zeichen von Siegen oder als Werbung genutzt. Super weird, wenn man drüber nachdenkt. 

Naja, overall, ein sehr gutes und reflektierte Buch. Mit vielen aktuellen Themen und einem Blick in die Vergangenheit, der erklärt, woher die Strukturen kommen, mit den wir uns immer noch herumärgern müssen. Absolute Empfehlung. 





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