Lin Hierse - Wovon wir träumen
Ein aufgeschnappter Buchtipp mal wieder. Eine sehr schön geschriebene Geschichte die aber eine Schwere mitbringt, die ich etwas unterschätzt habe. Eine Schwere, die sich langsam aber sicher einschleicht und sich dann etwas festsetzt. Nicht offensichtlich aber durch kleine Anmerkungen und Details ist sie trotzdem immer da.
Die Mutter der Protagonistin wächst in China auf, während der Kulturrevolution und ergreift dann die Möglichkeit nach Deutschland zu gehen. Sie heiratet und bekommt ein Kind. Ihre Tochter kommt in Deutschland zur Welt und aus ihrer Perspektive ist das ganze Buch geschrieben. Der ewige Gang zwischen den Welten, Familie, Heimat finden und eine relativ detaillierte Beschreibung der, manchmal eher schwierigen, Beziehung zur Mutter. Ein Einblick in Land und Kultur, dem aufwachsen in zwei Ländern und Kulturkreisen - Perspektive. Ich finde das ja sowieso spannend, vor allem ist es eben sehr schön geschrieben. Das Buch besitzt eine Tiefe, die sich erst im Verlauf zeigt. Die Träume, die im Titel schon angeteasert werden, kommen immer mal wieder vor und ergeben dann 30 Seiten später dann Bedeutung. Ist ein schöner Effekt, da man sich beim lesen an eine vorige Stelle erinnert und die dann durch eine andere Szene mehr Bedeutung und teilweise auch Erklärung bekommt. Ganz soviel von der eigentlichen Geschichte möchte ich gar nicht vorwegnehmen. Es bleibt eine spannende und moderne Perspektive, die mir gut gefallen hat. Trotzdem braucht man Zeit und die Muße für eine emotionale Schwere, die sich langsam einschleicht und ausgehalten werden muss, für eine gewisse Anzahl von Seiten.
Zwei Auszüge die auf Grund ihrer Schönheit von mir im Buch markiert worden sind:
„Und trotzdem: An diesem Dienstag vor ein paar Wochen lag ich auf meinem Bett und hatte Angst. Ich habe niemandem davon erzählt. Weil ich einhundert Wege kenne, Menschen zu zeigen, dass ich ohne sie sein kann und sie sich meinetwegen keine Umstände oder Sorgen machen müssen - aber ich weiß nicht, wie ich jemandem sagen soll, dass ich ihn brauche, ohne dabei selbst zu verloren zu gehen.“ (S. 81)
„Und trotzdem ist es keine Magie. Es ist die ganz normale Gleichzeitigkeit eines Lebens, das immer mehr als ein Zentrum hatte.“ (S. 170)
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