Gabriele von Arnim - Der Trost der Schönheit

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Seit zwei Tagen sitze ich an einem knapp 800 Seiten Epos über die Geschichte Europas ab 1950. Da sich das auf Grund der Seitenzahl und Komplexität noch etwas ziehen wird, habe ich heute beschlossen mir etwas leichtere Literatur zu gönnen. Ja, es gab wieder einen kleinen Unfall im lokalen Thalia. Sechs neue Bücher wurden auf meinem Esstisch gestapelt. Dieses Buch von Gabriele von Arnim ist eines davon und wurde vorhin innerhalb von drei Stunden durchgelesen. Daher ist es absolut frisch hier auf dem Blog. An einem Tag gekauft, gelesen und vorgestellt. Abfahrt. 


Im Grunde ist es eine Art Essay der Autorin. Man darf auf 211 Seiten in die Gedanken zum Thema Schönheit und Trost eintauchen. Teilweise sehr persönlich aber oft in Bezug zu anderen Essays, Artikeln und Büchern zum jeweiligen Thema. Ist die Besinnung auf Schönheit in unserer Zeit nicht eher eine Form von Eskapismus? Was bedeutet Schönheit? Was bewirkt sie? Wie die Dissonanzen aushalten? Alles Fragen die hier aufgearbeitet und aufgedröselt werden. Viele Themen wie Kunst, Wohnen, Erinnerungen, Familie, Architektur werden einer Betrachtung unterzogen. An einigen Sätzen bin ich hängengeblieben und hab sie mir angestrichen, die werde ich natürlich hier am Ende teilen. 
Die Symmetrie wird nur kurz angerissen, halte ich aber für ziemlich wichtig. Denn sie ist der Ursprung von allem. Ob nun Symmetrie oder der Symmetriebruch für die Schönheit verantwortlich ist, das dürfen alle selbst entscheiden. 
Ein schönes Kapitel zum Thema Zuhause und wohnen ist drin, was mir ganz gut gefallen hat. Denn ein Zuhause und das damit verbundene Gefühl ist soviel mehr als einfach nur wohnen. 
Die Autorin erzählt einiges aus ihrer Kindheit und streift das Thema ihrer ersten unglücklichen Ehe, die sie mit 20 Jahren eingegangen ist. Da gab es ein Kind und vieles lief wohl aus dem Ruder. Es fühlt sich ein bisschen so an, als wenn die Autorin das gar nicht erzählen möchte, was vollkommen okay wäre. Da sie es aber eben erzählt und dann ausweicht à la: „Erinnerungen können auch trügen“ und „War eben so, machste nix“, ließ mich schon ein bisschen verwundert davorsitzen. 

Insgesamt ein gutes Buch, mit vielen neuen Eindrücken und einer Perspektive die es absolut verdient, betrachtet zu werden. Gut finde ich auch das Literaturverzeichnis am Ende, denn einige Titel aus der Liste werde ich mir noch genauer anschauen. 

Von mir angestrichene Stellen im Buch: 

„Aber wie sollte das gehen, woher sollte er kommen, der unbeschwerte Jubel nach beschwerten Jahren, ein leicht-sinniges Frohsein nach so viel Leben.“ (S. 25) 

„Bin ich die Komponistin meines Lebens oder nur die Dirigentin?“ (S.43) 

„Wir nennen unser Leben auch Dasein. Leben heißt, da zu sein. Sich wahrzunehmen in der Welt.“ (S. 65) 

„Denn wenn man aufwächst in emotionaler und sinnlicher Ödnis, wenn dieser Sinn und auch jener ungenutzt bleibt, dann ist der später Hunger groß.“ (S. 81) 

„All beauty is sadness. Christopher Plummer (1929-2021)“ (S. 91) 

„Immer wieder braucht man Kraft und Mut, um Schönheit und die scheinbar unvereinbaren Gefühle auszuhalten, die sie weckt.“ (S. 93) 

„Warum geht Unglück immer auf wie ein Hefeteig, nimmt sich so viel Raum und Zeit, so viel Gegenwart?“ (S. 107) 

„Daraus entsteht unser ZuHauseGefühl - aus Dingen und Erinnerungen. So machen wir uns unsere Welt, gestalten wir unseren Trost.“ (S. 110) 

„Denn wenn Wohnung und Bewohner noch nicht zusammengefunden haben, nebeneinander leben, nicht miteinander reden, sich nicht wohlfühlen miteinander, dann bleiben beide ein bisschen einsam. Starren einander ausdruckslos an. Es fehlt Wärme, Zuneigung, Leben, es fehlt die Melodie.“ (S. 111) 

„Undress your fears. Die Ängste entschleiern, sie aus ihren Hüllen ziehen, ihnen die Masken abnehmen. Es genügt nicht, diese Sätze zu denken. Denn fast immer sind Worte auch dazu da, zu verbergen, was sie scheinbar erzählen.“ (S. 129) 

„Schönheit und Empfindsamkeit gehören zusammen und sind ein prekäres Paar. Man braucht einen inneren Kompass, um mit ihnen leben zu können, ohne abzustürzen. Denn nicht jede Schönheit ist in jedem Lebensmoment zu ertragen. (S. 177) 

„Mal wähle ich aus, was ich imaginieren möchte, mal schwirrt es heran, löst sich aus dem Morast des Tages.“ (S. 198) 

„[…] dass Schönheit nicht in der Perfektion zu finden ist, sondern im guten, ja im kostbaren Umgang mit den Brüchen und Versehrtheiten.“ (S. 209) 


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