Andrzej Szczypiorski - Selbstportrait mit Frau

Ein Stapelbuch. Wie lange es hier schon herumliegt oder wo es herkommt - ich weiß es nicht. Aber polnischer Autor, der mehrere Preise gewonnen hat, klingt doch eigentlich ganz gut. 
Die Zusammenfassung die hinten auf dem Umschlag steht sagt folgendes: „Der polnische Intelektuelle Kamil erhält eine Einladung nach Genf. Dort interviewt die Rundfunkredakteurin Ruth Gless Zeitzeugen des politischen Frühlings in Polen nach der Wende. Kamil willigt ein, von seinem Leben zu berichten, dabei sollen aber nicht die gesellschaftlichen Ereignisse im Vordergrund stehen, sondern die Frauen…“ 

Das trifft es ziemlich gut. Der Aufbau ist ja nicht verkehrt, gerade wenn es um so ein bewegtes Leben geht. Kamil war im Widerstand tätig und im KZ inhaftiert. Das schimmert auch immer etwas durch. Sorgt aber für einiges an Verwirrung, wenn man am Ende eines Kapitels merkt, dass er mit jemandem spricht, der gar nicht da ist oder alles nur ein Traum war. Teilweise werden diese Sequenzen nicht mal eingeordnet und man liest sich durch völlig chaotische und zusammenhanglose Seiten. 
Was mir aber maßlos auf die Nerven ging, waren die Frauenfiguren und die Beschreibung der Annäherung, Liebes- oder Sexbeziehungen. Allesamt nur Mittel zum Zweck und eine Egozentrik des Protagonisten die nur schwer auszuhalten ist. Die maßlose Enttäuschung, dass eine Krankenschwester nicht mit ihm schlafen will füllt hier ganze Seiten. Hat aber gleichzeitig auch die Infos zum Widerstand in der Stadt Radom mit drin. Pathetisch hoch zehn und die Beschreibung einer Gruppenvergewaltigung an zwei deutschen Frauen, kurz vor Ende des Kriegs (nachdem die KZ Häftlinge befreit worden sind) trägt nun nicht zum weiteren Verständnis für den Autoren bei um einen Punkt zu machen. Sein Protagonist hat zwar nicht mitgemacht aber zugeguckt. Als Strafe wurde er von der Gruppe, nachdem eine Frau tot und die andere noch halb am Leben war, aus dem Haus gejagt. Zum Schluss verliebt er sich noch in Ruth und beschreibt die Besonderheit von Sex zwischen Mann und Frau in einer Art und Weise, die mich lediglich zum Augenrollen bringt. Das sich die Literaturkritiker der damaligen Zeit dabei, wahrscheinlich, vor Wonne und Poetik in die Hose gegriffen haben, glaub ich gerne. Ich werd den Abschnitt hier nicht teilen aber ihr findet ihn auf S. 239 und S. 240. Zum Abschluss gibt es dann noch einen Monolog von Kamil in einer Kneipe, an einen fremden Mann, den er am Fluss getroffen hat. Ein bisschen nichtssagend, ausufernd und teilweise nur schwer nachzuvollziehen alles. 

Das Buch ist von 1994, ich schieb es einfach mal aufs Alter und auf den männlichen Autor. Es wird bei Zeit in einen öffentlichen Buchschrank getragen. 

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