Elina Penner - Nachtbeeren
Wieder ein aufgeschnappter Buchtipp, den ich gebraucht kaufen konnte. Manchmal weiß ich einfach nicht mehr, woher ich die Titel habe, sie landen als Screenshots im Handy oder als geschriebene Notiz auf einem Zettel oder Büchlein. In diesem Fall bin ich mit meiner Notiz sehr zufrieden. Eine richtig gute Geschichte, durch die man schnell durchfliegt aber doch bleibenden Eindruck hinterlässt. Was mich fasziniert hat beim lesen: es ist alles so schlimm und so traurig und trotzdem zieht sich ein sehr feiner Humor durch die Seiten. Mir schießt direkt in den Kopf: es ist ein angemessener Humor, da dieser von den Protagonisten kommt, die mitten drin sitzen, daher fühlt man sich nicht schlecht, wenn man lacht oder über einige Situationen schmunzeln muss. Ich bin ein großer Fan von dieser Nuance, die die Autorin hier mit einbringt. Das ist so schwierig umzusetzen, daher hat sie meine Anerkennung sicher. Ist mir bisher nur in einem einzigen anderen Buch begegnet (Eintrag dazu hier).
Aber kurz zur Geschichte an sich, es sind nur 246 Seiten, daher will ich gar nicht zu viel vorwegnehmen. Es geht um mennonitische Aussiedler, die von Russland nach Deutschland geflohen sind. Es gibt viele Bezeichnungen: Russen, Russlanddeutsche, Aussiedler, Spätaussiedler etc. Das wird im Verlauf der Geschichte näher beschrieben. Denn man sitzt hier in einem relativ großen Familiengeflecht. Erzählt wird durch Nelli, ihrem 15 jährigen Sohn Jakob und Nellis Bruder Eugen, der deutlich älter ist als sie. Das Szenario ist, dass Nelli ihren Ehemann, der ihr gestanden hat eine andere Frau zu lieben, zersägt und in Toppits Beuteln in die Gefriertruhe packt, wo er dann von Jakob gefunden wird. Jakob ruft dann Eugen an, der nach Sichtung dann die anderen drei Brüder ranklingelt. Das sind so die Basics und der spezifische Fakt, dass es Toppits Gefrierbeutel sind, hat mich sehr zum Lachen gebracht. Nelli erzählt in ihren Einträgen von der Vergangenheit, der Familie, der Kindheit, der Flucht nach Deutschland, der Freikirche, ihrer Kindheit. Geprägt von Gewalt, Trauma, Druck und Anforderungen ergibt sich ein sehr trauriges Bild.
Alle die eine gut geschriebene Geschichte lesen möchten, mit einer Perspektive, die gar nicht so oft zu lesen ist, here you go. Ich mochte es sehr gern. Ein paar Sätze an denen ich hängengeblieben bin:
„Bis alles sortiert war, standen sie im Nichts still“ (S. 139)
„Nur weil wir immer alles ausgehalten haben, heißt das noch lange nicht, dass es uns nicht geschadet hat.“ (S. 215)
„Aber ich habe selber auch nichts gemacht. Ich habe genauso zugeguckt. Wir haben doch alle gesehen, dass irgendwas nicht stimmt, und keiner, absolut keiner hat das Maul aufgekriegt.“ (S. 218)
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