Lana Bastašić - Fang den Hasen
Obacht, ein Roman!
Meistens hänge ich viel in Sachbüchern rum aber diesen Buchtitel hatte ich schon länger auf der Liste. Man ahnt es vielleicht bereits, es ist eine sehr gute Geschichte, die ich in gut drei Stunden fertig gelesen hatte.
Das Setting: zwei Freundinnen, ein Roadtrip von Bosnien nach Wien und eine ganze Menge Rückblenden auf die Vergangenheit. Es klingt vielleicht etwas langweilig und nicht sonderlich spannend aber die Geschichte ist von der Autorin so gut gestrickt, dass sicherlich keine Langeweile beim lesen aufkommt.
Die beiden Protagonistinnen sind Sara und Lejla. Sara arbeitet als Autorin in Irland, ist in einer festen Beziehung und hat einen Avocadobaum zu Hause, den es eigentlich gar nicht geben sollte. Lejla dagegen arbeitet als Kellnerin in Bosnien, ist mit einem Typen verheiratet der Dino heißt und hat ihn beim Tennis kennengelernt. Die beiden könnten nicht unterschiedlicher sein, hatten gut 12 Jahre keinerlei Kontakt und dann ruft Lejla bei Sara an und bittet sie darum, von ihr nach Wien gefahren zu werden. Warum genau Sara sich dazu entscheidet von Irland über Kroatien nach Mostar in Bosnien zu reisen, wird im Verlauf der Geschichte klar. Die beiden haben sich in der Grundschule kennengelernt, waren bis zum Krieg und dem Ende von Jugoslawien unzertrennlich und nach einem gemeinsamen Sommer am Meer während des Studiums, gehen die Wege relativ abrupt auseinander.
Die genauen Details müsst ihr euch selbst durchlesen, denn es ist einfach so gut aufgebaut und strukturiert, ich will nicht zu viel vorwegnehmen. Der Punkt ist, die beiden Freundinnen sind so unterschiedlich und das Buch wird aus der Perspektive von Sara geschrieben. Sie als Autorin schreibt dieses Buch über ihre Freundin Lejla. Diese Perspektive ist es, die Lejla immer mal wieder einreißt und dem Leser beziehungsweise der Leserin reinreicht, dass die Erinnerungen von Sara nicht stimmen oder auch komplett erfunden sind. Genau das, hat immer wieder dafür gesorgt, mich in die Geschichte zu ziehen. Vor allem führt es dazu, dass die Zustimmung in Konflikten gerne mal wechselt. Teilweise war ich auf Saras Seite und fand das Verhalten von Lejla unmöglich. Wenn man aber in Betracht zieht, dass Sara sich genau das vielleicht ausgedacht hat oder nicht korrekt wiedergibt, schwenkt es auf Lejlas Seite und ich denke mir, Sara soll sich halt nicht so aufspielen. Zudem kommt der ganze Bosnien Komplex. Die Zerissenheit, die Abwanderung der Jugend und die im Land Gebliebenen, die das Beste aus dem machen was eben da ist. Der Hase, der sich im Titel findet, spielt übrigens eine wirkliche Rolle in der Geschichte und es verbirgt sich noch ein sehr trauriger Erzählstrang, den ich hier aber nicht spoilern will. Diese Traurigkeit ist der Grund für die starke Verbindung der beiden Frauen, selbst nach 12 Jahren Funkstille.
Alles was ich mir von einer guten Geschichte, einem guten Roman wünsche, ist hier versammelt auf 333 Seiten. Nicht umsonst hat „Fang den Hasen“ den Literaturpreis der europäischen Union 2020 gewonnen. Ich konnte das Buch als Mängelexemplar günstig abgreifen und möchte alle dazu animieren, dies auch zu tun, falls ihr es irgendwo liegen seht. Lohnt sich!
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