Für Gabi

 

Das hier ist für dich Gabi. Damit du einen Platz hast, der für immer bleibt und für mich, um nochmal Abschied zu nehmen. All die Gedanken die mir seit Freitag im Kopf kreisen, müssen hoffentlich nur einmal platziert werden um das Aushalten einfacher zu machen. 

Am Freitag den 29.09.2023 gegen 18:00 Uhr bist du in Ruhe, nach vierwöchiger Krankheit, für immer eingeschlafen. 

Sie ist 13 Jahre alt geworden. Es war die schwerste Entscheidung die ich in meinen 35 Jahren bisher treffen musste. 


 

Und das obwohl sie mir an dem Freitag schon gezeigt hat, dass es nicht mehr geht. Obwohl ich im Grunde schon wusste, was ansteht, als ich sie in den Transportkorb zur Tierärztin getragen habe. Obwohl die Tests in der Praxis dann gezeigt haben, dass der Tumor in ihrem Kopf für neurologische Ausfälle sorgt. Es lag alles klar da. Als die Frage kam, wie soll es weitergehen ist ein Teil von mir zusammengeklappt, hat sich kriechend verzogen und sämtliche Türen hinter sich zugeschlagen. 

Ich zweifel nicht an der Entscheidung die ich für meine Gabi getroffen habe, es war das Einzige, dass ich noch für sie tun konnte. Alles andere wäre komplette Quälerei gewesen und da sie so krank war die letzten Wochen, hätte sie sehr wahrscheinlich nicht mal eine Vollnarkose für ein CT oder MRT überlebt. Krampfanfälle, teilweise 2-3 Stunden. Mit den Medikamenten wurde es besser aber am Freitag ging es dann nicht mehr. 

Gabi… 13 Jahre haben wir verbracht, ich war einmal zu Anfang ein Wochenende weg und dann einmal 5 Tage, da ich im Krankenhaus lag. Mit ca. 4 Wochen bist du zu mir gekommen. Völlig perplex und mit Flöhen übersät wurdest du von meinen Geschwistern bei mir in die Wohnung gesetzt mit der Botschaft „Hier, für dich, damit du nicht so einsam bist“. Seitdem haben wir jeden Tag zusammen verbracht. Erst Studium, dann Arbeit, Arbeitslosigkeit und seit gut drei Jahren im Homeoffice, fast ganztägig hingen wir rum. Ich glaube, dass ist auch der Grund warum mir gerad alles so schwerfällt. Sie war viel mehr als meine Katze. 



Nicht im Sinne von „Sie war mein Kind.“ sondern, diese kleine schwarze Katze war mein Zuhause. Ich habe immer viel auf dem Begriff herumgedacht, denn ein Zuhause kann schließlich alles sein. Irgendwann habe ich mein Verständnis von Zuhause an Gabi rangekoppelt. Meine Wohnung ist nicht schön, die Stadt in der ich wohne ist auch kein Zuhause oder Heimat… immer wenn ich gesagt habe: Ich muss nach Hause, hieß das für mich - zu Gabi. Das ist ein ziemlich großes Problem, dass ich seit einiger Zeit mit mir herumtrage und vor mir herschiebe. Nur, kann ich es jetzt nicht mehr wegschieben. 

Zudem kommt on top auch noch, dass Gabi für mich die Ausrede für alles war: 

- Theresa, willst du nicht mal in den Urlaub fahren? Nein, ich kann Gabi nicht alleine lassen. 

- Theresa, bist du alleine? Nein, Gabi ist ja da. 

- Theresa, bist du einsam? Nein, Gabi ist ja da. 

- Theresa, was machst du heut noch? Ich häng mit Gabi ab. 

- Theresa, bekommst du eigentlich mal Besuch? Eher nicht aber Gabi ist ja da. Nicht schlimm. 

Es war nicht schlimm. So gut wie nichts war schlimm, denn Gabi war da. Was hab ich sie vollgequatscht, vollgeheult, vollgejammert. Sie war 13 Jahre lang mein Leben und ich bereue nichts. Die nicht weggefahrenen Urlaube, die abgesagten Partys, die vernachlässigten Freundschaften, die komischen Blicke auf Grund meiner Gluckenhaftigkeit, all das Unverständnis das mir entgegengebracht worden ist, weil ich so gern Zuhause bin. Es ist alles egal, da steh ich meilenweit drüber, denn Gabi war ja da. 

Jetzt nicht mehr und es bricht mir das Herz. Seit Freitag Abend weine ich durch. Es wird langsam weniger, für Ablenkung war gesorgt und doch schießen mir immer wieder unkontrolliert die Tränen in die Augen. Sie fehlt mir so sehr. Wenn ich in der Küche sitze und was esse, erwische ich mich dabei wie ich zur Tür schaue und darauf warte, dass sie reingetapst kommt um noch was abzubekommen. Als ich angefangen habe, ihre Sachen zusammenzuräumen. Wenn der Boden knartscht, warte ich, dass sie gleich um die Ecke biegt. Nachts liege ich wach und warte darauf, dass sie zu mir aufs Bett springt. Wenn ich im Schlafzimmer stehe und auf den Schrank schaue, hoffe ich, dass sie mich aus ihrem Lieblingssspot im kaputten Wäschekorb anschaut. Ich könnte noch stundenlang so weiter machen aber ich will nicht weiter in Selbstmitleid zerfließen. Ich will auch kein Mitleid.

Das Internet ist für immer und da das hier mein Blog ist, bekommt Gabi hier ihren Platz für die Ewigkeit. Sie war die beste Katze, die ich mir hätte wünschen können. Sie war mein ein und alles, mein Lebensmittelpunkt um den sich alles gedreht hat. 

Möge die Erde dir leicht sein, mein Schatz. Danke für alles. 

Oktober 2010 - 29.09.2023








Kommentare

  1. So ein wundervoller Text. Wer schneidet hier Zwiebeln? xoxo Kev

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