Ivo Andrić - Das Fräulein

 

Und damit habe ich die bosnische Trilogie von Andrić fertig gelesen. 

Zur Trilogie gehören: Die Brücke über die Drina, Wesire und Konsuln und Das Fräulein. 

Dieses Buch ist in sofern anders, als das es insgesamt kürzer ist. Man begleitet Rajka Radaković durch ihr Leben. Erst im Sarajevo der 60er Jahre, dann in Belgrad. Das besondere an Rajka ist, dass sie eine extrem sparsame Frau ist. Der Vater hat ihr den Rat der Sparsamkeit und das Alles an ihr hängt, auf seinem Sterbebett mitgeteilt. Ich vermute, dass er nicht gedacht hat, das die Sparsamkeit der Tochter so ausgeprägt sein wird. Rajka lebt zusammen mit ihrer Mutter und fängt an sämtliche Geschäfte nach dem Tod des Vaters, an sich zu nehmen. Sie lässt das Geld für sich arbeiten, was für eine Frau ungewöhnlich ist. Daher passiert dies meist über Mittelsmänner, bei denen sie auch stets nach Rat fragt. 

Alle unnötige Ausgaben werden abgeschafft, es werden kaum noch Besuche empfangen, die Mutter erträgt die Sparsamkeit und die Launen der Tochter, tapfer und wendet sich nie von ihr ab. Alles in allem ist die Sparsamkeit von Rajka, komplett weird. Es führt teilweise so weit, dass sie das Licht nicht anmachen will, da es noch hell genug ist und man noch eine Minute länger Strom sparen kann. Das Fräulein ist so mit sich selbst und mit ihren Geldgeschäften beschäftigt, das kein Platz für Spaß oder allgemein Leben ist. Es dreht sich alles nur darum, wie man am besten und mit geringem Schaden durchkommt. Umso erstaunlicher das in all den Irrungen und Wirrungen im Krieg und nach der Flucht aus Sarajevo, ein Mann in der Lage ist, diese kaltherzige und egoistische Frau dazu zu bringen, ihm Geld zu leihen.

Man ahnt es schon sehr viel früher als Rajka selbst und da sie nicht sonderlich sympathisch ist, war ich doch sehr froh ob meiner ersten Reaktion auf den Scam. Männer sind Schweine. Ganz egal, wie weird Rajka ist, wie sich selbst und alle in ihrem Umfeld geißelt, dass hat sie einfach nicht verdient. Natürlich kann man sich verleiten lassen und denken: das hast du nun von deiner Sparsamkeit, schmeißt es einem jungen Mann in den Rachen, der dich komplett hopps nimmt. Das ist für mich aber viel zu kurz gedacht. Sie ist das Opfer eines Betrugs in dieser Situation. Daran ändert ihr Lebensstil nichts. 

Fazit: 

Das Fräulein ist ein guter und kompakter Einstieg in die bosnische Trilogie von Andrić. Man wird langsam an den Schreibstil herangeführt, es ist nicht überfordernd wie die anderen beiden Teile sein können und es ist auch nicht so lang. Wer die Andrić Bücher mal antesten möchte, macht mit diesem Buch bestimmt keinen Fehler. Eine gute Geschichte über das Leben eines Fräuleins, deren Sparsamkeit sie bis in den Tod begleitet. 



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