Emily Perkins - Die Forrests
Roman einer Familie. Das ist auch nicht untertrieben. Man begleitet die Forrests durch ihr Leben und das ist nicht durch Kitschigkeit von standardisierten Familienromanen geprägt. Lee (Mutter) und Frank (Vater) sind verheiratet und haben vier Kinder: Michael, Eve, Dorothy und Ruth. Michael ist das älteste Kind und Ruth die jüngste Tochter. Dazu kommt noch Daniel, er ist im Grunde das Ziehkind der Forrests, da von seiner eigenen Familie komplett vernachlässigt, wird er in den Familienbund der Forrests mit integriert. Er dürfte im Alter von Eve und Dorothy sein, was später noch wichtig wird.
Frank und Lee haben sich dazu entschieden, nach Neuseeland auszuwandern. In den USA erfolgreich gescheitert und in Neuseeland sieht es die ersten Jahre auch nicht besser aus. Durch die Armut und der steten Suche nach Geld und Erfüllung geht in den frühen Jahren der Kinder schon einiges los. Die ganze Geschichte werde ich hier nicht wiedergeben, denn das würde den Zauber vom Buch nehmen, wenn man es zum ersten Mal liest. Es gibt 15 Kapitel und meiner Rechnung nach, liegen zwischen den Kapiteln immer gut fünf Jahre. Es gibt einige Zeitsprünge die immer etwas mehr Aufmerksamkeit brauchen. Da der Fokus vor allem ab dem Teenageralter zwischen Eve und Dorothy pendelt und dann plötzlich neue Namen auftauchen, die man vorher noch nie gelesen hat, ist es ein bisschen Arbeit die Fäden der Geschichte neu anzuknüpfen.
Nach einem schweren Schicksalsschlag bleibt der Fokus dann auf Dorothy. Andere Familienmitglieder tauchen immer mal wieder auf und verschwinden auch genauso schnell wieder. Wie im echten Leben auch. Wichtiger Hinweis dazu noch, Daniel, der mit den Forrest Kindern groß geworden ist, übernimmt eine sehr sehr wichtige Rolle. Zwar taucht er nicht immer im Fokus auf aber er ist immer da und sei es nur via Postkarte. Dorothy hat drei Kinder geht komplett in ihrer Mutterrolle auf, arbeitet nebenher noch als Lehrerin für Englisch & Kunst und gibt sich sehr viel Mühe, die an sie gestellten Ansprüche zu erfüllen. Ihre Ehe hat lange gut gehalten, war aber meinem Eindruck nach eher an den Zweck als an Liebe gebunden. Die Eheleute lassen sich scheiden, gehen aber im Guten auseinander. Man begleitet Dorothy sogar bis ins Pflegeheim, in dem sie dann liegt und schlussendlich auch stirbt.
Das Buch war für mich in sofern eine Überraschung, dass es ein ganzes Leben ziemlich kompakt wiedergibt und am Ende für mich die Frage stand: war Dorothy zufrieden mit ihrem Leben? War sie glücklich? Da kicken dann die existenziellen Fragen rein und das habe ich überhaupt nicht erwartet. Vor allem ist es, wie oben bereits erwähnt, nicht kitschig. An manchen Stellen schön an anderen dann wieder nur schwer zu ertragen. Die Retrospektive auf frühere Erlebnisse, die die Geschwister später im Alter mal anschneiden und bewerten, sind wahnsinnig gut geschrieben und spannend. Das Ganze auf und ab einer bewegten Familiengeschichte auf 377 Seiten. Die Geschichte hat mich wirklich beeindruckt und vor allem nach dem Lesen noch beschäftigt.
Dorothy läuft jahrelang den allgemeinen Standards hinterher und versucht diese zu erfüllen. Sei es aussehen, Mutter sein oder eine gute Ehefrau sein. Ich glaube, sie ist erst zum Ende ihres Lebens auf dem Weg zu ihrem persönlichen Glück. Ich war immer unentschlossen ob ich mich für sie freuen soll oder es nicht doch eine tragische Note hat. Schwierig. Auch die Beziehungen zwischen den Geschwistern sind sehr spannend nachzulesen. Die Eltern spielen später nur noch eine kleine Rolle. Es wird aber alles abgedeckt. Letztendlich gilt: alle haben sich, auf ihre persönliche Art und Weise, Mühe gegeben alles so gut wie eben möglich zu machen. Meine Beurteilung ob gut oder schlecht ist da komplett egal. Das Ziel sollte ja immer sein, die Zeit so gut zu nutzen wie es geht. Denn das ist das einzige, was uns irgendwann ausgeht.
Ich will hier gar nicht weiter in die Metaebene gehen aber beim lesen des Buches kommen diese Dinge ganz automatisch. Zudem ist es eine Familiengeschichte voller Höhen und Tiefen. Leben halt. Es lohnt sich wirklich, sich die Geschichte der Forrests durchzulesen. Ich hatte das Buch hier einige Jahre auf einem Stapel liegen, es war irgendwo irgendwann im Angebot und es klang ganz nett, daher hab ich es blind mitgenommen. Ein bisschen beeindruckt über mein Händchen für gute Bücher bin ich schon, denn das hätte ich hier einfach nicht erwartet. Absolute Empfehlung.
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