Theresia Enzensberger - Blaupause
Dieses Buch war ein Screenshot den ich irgendwo im Internet gemacht habe und dachte, ach klingt doch ganz interessant. Als Second Hand Buch dann günstig bekommen und ja, gute Entscheidung. Einen Tag, knapp drei Stunden Lesezeit und ich hatte die Protagonistin final durch ihre Geschichte begleitet.
Die Kapitel sind kurz, der Schreibstil wahnsinnig angenehm und ich habe da erst gemerkt, wie es mir gefehlt hat, jemandem über die Schulter zu blicken. Oft kann sich die Ich-Erzählperspektive ziemlich langweilig anfühlen und schnell in Desinteresse enden, hier aber definitiv nicht der Fall.
Denn man begleitet die junge Luise. Aus einer gut begüterten berliner Familie, nimmt sie ihren Mut zusammen und meldet sich an der neugegründeten Bauhaus Universität in Weimar an (später Dessau). Es sind die 20er Jahre. Der erste Weltkrieg ist vorbei und Luise wirft sich in das neue Leben. Man begleitet sie auf ihrem Weg durch den Alltag, die erste große Liebe, die ersten Erfahrungen mit Gruppendynamiken, all das was ein Studium so ausmacht. Unerwähnt bleibt die besondere Schwierigkeit als Frau in dem Kontext natürlich nicht. Luise interessiert sich für Architektur und trägt einen Plan für eine Wohnsiedlung mit sich herum. Dieser wird auch ihre Abschlussarbeit. Nur geht das Leben nie geradeaus. Bis dahin sind noch einige Umwege zu machen und das ist eben der Reiz.
Dieses Buch kann auf sovielen Ebenen gelesen werden, dass es einfach nur Spaß macht. Es deckt Bereiche ab, die zwar nicht immer ausführlich erläutert werden aber doch Präsenz zeigen. Die Nachwehen des ersten Weltkriegs, die "wilden 20er", die Macht des Patriachats, Esoterikbewegungen, Kommunismus, der Aufstieg des Faschismus, die Wirtschaftskrise, all das findet in der Geschichte von Luise Platz.
Ich kenne mich mit der Bauhaus Bewegung so gut wie gar nicht aus. Namen wie Gropius, Kandinsky sind mir schon ein Begriff aber näheres dazu sagen kann ich nicht. Was ich aber greifen kann, ist die Begeisterung für etwas Neues. Etwas das noch nicht da gewesen ist und der damit einhergehende Idealismus. Irgendwas zu Schaffen und die Erste zu sein, die sich da rantraut oder einfach nur macht, was nicht vorgesehen ist. Regeln und Standards brechen und etwas eigenes für die Ewigkeit hinterlassen. Dieser Enthusiasmus kommt wunderbar durch, trotz all der Verstrickungen und Probleme die auftauchen und im Leben einer Frau von Mitte 20 heute noch ihren Platz haben, leider.
Ein gutes Buch, das mich zum Teil traurig macht, mir das Herz gebrochen hat und doch ein gutes Gefühl zurücklässt. Denn Luise geht ihren Weg und es war wahnsinnig schön, sie mit diesem Buch ein Stück begleiten zu können.
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