Mariana Leky - Was man von hier aus sehen kann
Die Protagonistin heißt Luise und kommt aus einem kleinen Dorf. Dieses kleine Dorf hat nur ein paar Einwohner und alle werden im Laufe der Geschichte eine Rolle spielen. Nicht nacheinander aber immer wieder führen die Geschehnisse alle zusammen. Wenn die Oma von Luise, Selma, von einem Okapi träumt, stirbt jemand innerhalb der nächsten 24 Stunden. Der erste Teil des Buches handelt von Luises Kindheit und wie sie mit ihrem besten Freund Martin die Tage verbringt und durch das Dorf zieht.
Alle die auf dem Dorf groß geworden sind, kennen die Gerüchte und Mythen die die Bewohner umranken. Die Autorin hat einen wunderbaren Schreibstil, der all die kuriosen Eigenschaften und Handlungen mit einem Augenzwinkern begleiten. Manche würden eventuell sagen, es rutscht in die Kitschigkeit ab, finde ich allerdings nicht. Das Gefühl von Dorfromantik kommt zudem nicht auf, keine Sorge. Für mich hat es vor allem einen wohltemperierten Humor. Er tut niemandem weh, ich kann daher ohne schlechtes Gewissen manche Situationen einfach mit einem Lachen wegblättern. Es hat einen wunderbaren Charme.
Damit das Ganze aber nicht zu schön wird, gibt es am Ende des ersten Teils auch direkt die Quittung. Denn trotz dem Alltag im Dorf, hat Selma immer noch von einem Okapi geträumt.
Im zweiten und dritten Teil geht es dann darum, dass Luise erwachsen wird. Die Dorfbewohner werden auch älter aber die Gemeinschaft und der Zusammenhalt gehen über jede Altersgrenze unbeirrt fort. Luise trifft ihre erste Liebe. Ein buddhistischer Mönch, der im Gemeindezentrum ein Dorf weiter an einem Workshop zur Wandermeditation teilnimmt. Er reist danach wieder in einen Tempel nach China, was die Sache nicht sonderlich einfacher macht. Zu diesen ganzen Komplikationen kommt noch hinzu, dass die Dorfbewohner nicht jünger werden.
Und damit ihr einen kleinen Eindruck von den wunderbaren Charakteren bekommt, eine kleine Aufzählung, die in keinster Weise vollständig ist:
- der Optiker, bester Freund von Selma, steht immer mit Rat und Tat zur Seite
- Elsbeth, die abergläubische Dorfbewohnerin, die für alles eine Lösung hat
- die traurige Marlies, sie sitzt den ganzen Tag in Unterhose und Norwegerpulli in der Küche, schaut Fernsehen und raucht. Zudem will sie mit niemandem etwas zu tun haben, hat die Fenster abgeklebt und sechs Vorhängeschlösser an der Tür
- die Eltern von Luise (Vater, HNO Arzt, geht nach einer Psychoanalyse auf Weltreise; Mutter, Floristin, immer im Stress)
und viele mehr.
Diese Geschichte ist so wunderbar geschrieben und geht teilweise so tief in die Gefühlsebene, das man einfach mitten drin ist, in diesem großen geordneten Chaos. Gerade wenn es um Todesfälle ging, musste ich mir das ein oder andere Tränchen wegwischen. Für ein paar Stunden war das schließlich auch mein Dorf. Lag aber vielleicht daran, dass ich einen schlechten Tag hatte und dann natürlich für Trauer und Schönheit besonders empfänglich bin. Die Dynamik zwischen den Charakteren innerhalb der Geschichte, lässt gar nichts anderes zu als eine tiefe Empathie beim lesen zu entwickeln.
Wenn ihr also Lust auf eine gute Geschichte, mit Tiefgang aber auch Humor und Charme habt, dann kann ich dieses Buch sehr empfehlen.
„Lekys Sprache ist von scharfer Präzision und hinreißendem Witz“ FAZ. (Das steht hinten auf dem Buch mit drauf und dem kann ich mir nur anschließen.)
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