Jonathan Littell - Notizen aus Homs
Das Buch habe ich als Screenshot auf meinem Handy gehabt. Jemand auf Twitter meinte, der Autor wäre gut und man müsste von ihm die Bücher über den Krieg in Tschetschenien lesen. Leider habe ich genau die noch nicht, konnte aber relativ günstig eine Second Hand Version von den Notizen aus Homs bekommen.
Der Autor ist Journalist und war vom 16. Januar bis zum 02. Februar 2012 in Homs unterwegs. Ohne Visum, denn ausländische Presse war zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr gern gesehen von der Regierung, daher ging es für ihn über den Libanon und via Kontakten heimlich über die Grenze.
Die Notizen hat Littell in diesen 10 Tagen in Homs bei der FSA (Freie Syrische Armee), den lokalen Aktivist/innen und freiwilligen Helfern aufgeschrieben. Diese Notizen zeigen den kleinen Moment, in dem es für die Revolution noch Hoffnung gab. Die FSA gegen die Regierungstruppen, es gibt Straßensperren, Kämpfe aber Krieg war es noch nicht. Es war der Kampf gegen die Regierung, für ein freies Syrien ohne Assad. Die Ideen gehen für jede Gruppierung in eine andere Richtung.
Und das ist es, was diese Notizen zeigen, die Kämpfer wollen alles richtig machen, in den Räten der FSA wird (verschiedene Stadtteile, verschiedene Räte) diskutiert wie es weiter gehen soll.
Die Opfer dieses Freiheitskampfes sind schon 2012 zahlreich. Überall wo Littell hinkommt, wollen ihm alle ihre Geschichte erzählen. Denn das ist letztlich alles was bleibt. Der Tod ist in Homs ständiger Begleiter von allen, Scharfschützen schießen willkürlich in die Straßen, es ist kaum noch jemand da der/die bei Verletzungen helfen kann… schwer auszuhalten.
Der Mut von Littell sich in diese Situation zu begeben und von den Schicksalen zu berichten ist für mich mehr als nur beeindruckend. Denn genau das ist das, was die Menschen vor Ort brauchen. Ihre Geschichten müssen aus der Isolation des Landes heraus. Alle Journalist/innen die sich in Kriegsgebiete begeben und uns allen die Nachrichten reichen sind so wichtig, denn sie bewahren die Menschen vor Ort vor dem Vergessen.
Ich habe den Satz schon öfter gelesen: Bitte vergesst uns nicht!
Einen Eindruck davon, was das bedeutet und woher dieser Satz kommt, gibt das Buch von Littell. Vor allem wenn man in Betracht zieht, dass nach seiner Abreise aus Homs die Bombadierung durch Regierungstruppen losging.
Die Notizen sind von 2012, dienten als Grundlage für Zeitungsartikel die Littell für LeMonde geschrieben hat. Als Buch erschienen sind die Notizen mit gekennzeichneten Anmerkungen vom Autor, der so noch mehr Informationen gibt und Begriffe erklärt. Das ist vor allem wichtig, da der Krieg und die Konflikte auf vielen Ebenen geführt wird. Von Assad wird im Grunde ein Bürgerkrieg initiiert, den es niederzuschlagen gilt. Er hetzt die verschiedenen Volksgruppen, die in Homs Leben, gegeneinander auf um den Militäreinsatz zu rechtfertigen. Eine Revolution ist nicht gewünscht.
Wir haben jetzt 2022 und es ist immer noch Krieg in Syrien. Der Krieg ist immer noch kompliziert, da man nicht klar sagen kann, wer gegen wen kämpft. Der IS hat die Situation weiter eskalieren lassen. Russland hat sich auch eingeschaltet als Unterstützung für Assad. Die Revolution ist in weiter Ferne nach Jahren des Terrors.
Ich habe das Buch von Littell in einem Rutsch durchgelesen. Denn es zeigt ganz deutlich noch die Momente der Hoffnung, dass die ganzen Kämpfe und all die Toten nicht umsonst sind. Es hilft zu verstehen, wie es angefangen hat und was da los ist.
Notizen aus Homs ist ein wichtiges Buch. Auch wenn es nur schwer zu ertragen ist, wir dürfen die Menschen und diesen Krieg nicht vergessen.
Leseempfehlung.
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