Mariana Leky - Kummer aller Art
Alles gleichzeitig.
So schön, so traurig, so gemütlich, so tief. Dieses Buch ist einfach alles gleichzeitig. Die kurzen Texte sind Auszüge aus dem Alltag und zeigen eben das was der Titel schon ankündigt. Erschienen sind sie erst in der Zeitschrift Psychologie heute und wurden nach einer Überarbeitung als Buch veröffentlicht. 39 kleine Geschichte aus dem Alltag der Autorin, die die verschiedensten Szenarien beschreiben.
Es zeigt sehr schön, dass alle ein Paket zu tragen haben. Mal ist es Angst, mal Unsicherheit, Streit, Liebe, Panik alle Emotionen die es eben gibt und die leider viel zu oft unter den Teppich gekehrt werden. Wenn man durch Zufall herausfindet, dass ein guter Freund eine Zwangsstörung mit sich herum trägt (alle vier Knöpfe vom Herd müssen 12 mal nacheinander gecheckt werden, im Alltag wird eine halbe Stunde vorm Verlassen des Hauses nur dafür eingeplant), man in den Keller geht und eine Nachbarin sitzend in der Ecke findet, dann sind das Situationen die gar nicht so absurd klingen und hier so einfühlsam beschrieben werden, dass sie ihren Schrecken verlieren.
Alle sind sich einig, dass es normal ist, dass man manchmal einfach Hilfe von Außen benötigt. Trotzdem sind es alles Themen, die noch zu oft in unserer viel zu schnellen Zeit untergehen. Daher ist dieses Buch so schön zu lesen. Ohne zu viel oder zu wenig aus allem zu machen, wird hier unaufgeregt und mit viel Empathie beschrieben, welche Arten von Kummer es gibt.
Habe es heute in einem Rutsch durchgelesen und mich direkt in diesem Buch wohlgefühlt. Ich kann es jedem nur ans Herz legen. Hier nun ein paar Auszüge, die ich mir beim lesen markiert habe, die so schön sind, dass ich sie teilen möchte:
„Immerhin kann es ja sein, dass Angst eine Art Hilfskraft ist. Die ungeschlachte Superhilfskraft irgendeiner verzagten Sehnsucht vielleicht, die mit dem Charme eines Inkassounternehmens versucht, die Belange dieser Sehnsucht durchzuboxen.“ (S. 13)
„Sie schaut in den Helm, als befände sich darin ein bisheriges Leben.“ (S. 29)
„Lisa nickt. Ich glaube, sie nickt, weil man Herrn Pohl ansieht, dass er sich mit Traurigkeiten auskennt, als schwebe der Schriftzug Kummer aller Art über seinem Kopf.“ (S. 32)
„Unsere Freundschaft ist wie eine innere Landschaft, die man durchwandern kann, auch, wenn man allein ist. Manchmal melden wir uns wochenlang nicht beieinander, und trotzdem zerbricht am längeren Schweigen nichts.“ (S. 64)
„Vermutlich ist man besonders einsam, wenn man all die Tricks und die Tricks gegen die Tricks kennt, wenn man zwischen all den Gegenmitteln sitzt und genau weiß, was eigentlich zu tun wäre, aber immer nur anderen dieses Wissen zuspielen kann - […]“ (S. 81)
„[…] und da sind wir alle mit unseren in uns eingefalteten Vergangenheiten, […]“ (S. 94)
„Es wurde angenehm geschwiegen, denn es gab nichts, was zu früh oder zu spät gesagt werden konnte; es wurde aufgeregt geschwiegen, denn das Schweigen war wie ein Anlauf.“ (S. 158f)
„Die Güte einer Entscheidung bemisst sich nicht an ihrem Ergebnis.“ (S. 169)
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