Olga Tokarczuk - Gesang der Fledermäuse


Endlich mal wieder vernünftige Literatur! Nach dem letzten Buch war das hier eine absolute Erholung. Im polnischen Literaturbetrieb bin ich gar nicht so drin, daher hab ich mich sehr über das Buchgeschenk gefreut. Die Autorin hat sogar den Literaturnobelpreis bekommen. Meine Erwartungen waren hoch und ich wurde nicht enttäuscht. Das ist mal Literatur! Ein Roman der richtig gut geschrieben ist, eine etwas spleenige Story in einem Rahmen der von der Lokalisierung schon spannend ist. Manchmal etwas langatmig, dass wird aber von den schön gebauten und klug platzierten Sätzen eingefangen, bei denen meine Augen immer mal wieder automatisch festhingen. Daher hat dieses Buch auch Markierungen von mir bekommen, damit ich genau diese Stellen problemlos wiederfinde. Eine Auswahl der Sätze parke ich ans Ende dieses Eintrags. 

Die Geschichte ist relativ schnell erzählt. Ein polnisches Hochplateau, abgelegen und an der Grenze zu Tschechien. Mehrere Sommerhäuser und drei feste Bewohner: Janina, Matoga und Bigfoot. Die Erzählerin ist Janina, die hier alles aufschreibt und erzählt. Denn Bigfoot stirbt und nach ihm noch mehrere andere Bewohner aus dem weiter unten liegendem Dorf. Morde. Alles nicht zu schlimm, denn Janina ist eine alte Dame, die etwas schrullig ist. Sie liebt Astrologie und hat sich so sehr ins Thema reingearbeitet, dass sie ebenfalls für alle anderen Horoskope erstellt und damit ihre Welt erklärt. Alles was ist und alles was passiert, hat einen Grund. Daher konnte ich das gut verpacken, denn mit Astrologie kann ich nichts anfangen. Zudem geht es hier immer wieder um die Tiere im Wald. Insbesondere um Rehe, Hunde, Füchse und später kommen Insekten mit dazu. Janina gibt sich viel Mühe die gewaltsamen Tode so zu framen, dass die Tiere sich an den Jägern/Bewohnern rächen. Die Frage nach Gerechtigkeit und Schlechtheit im Verhältnis von Menschen zu Tieren wird hier sehr gut beschrieben. Selbstjustiz spielt ebenfalls eine Rolle, sowie Empathie (Tieren und Menschen gegenüber) und Respekt. Klingt alles ein bisschen wild durcheinandergewürfelt, ergibt beim lesen aber komplett Sinn, da es eben rein handwerklich gut geschrieben und konstruiert ist. 

Wenn ihr also Interesse an einem guten Roman habt, kann ich das dieses Buch sehr empfehlen. Lässt sich gut weglesen und man spürt einfach, dass da richtig Arbeit reingesteckt worden ist. 

Auszug von Sätzen/Abschnitten die ich mir markiert habe: 

„Das Gefängnis ist nicht außen, es steckt in jedem von uns. Vielleicht können wir ohne es nicht leben.“ (S. 43) 

„Sofort drängt sich einem der Verdacht auf, dass sie nicht echt sind, dass so eine Person nicht sie selbst, sondern nur das Auge, das in einem fort schaut und das Gesehene in Sätze verwandelt. Auf diese Art raubt sie der Realität das Allerwichtigste, nämlich das Unaussprechliche.“ (S. 65) 

„Es hätte ja auch einfach nicht da sein können.“ (S. 67) einer der Sätze an denen ich hängen geblieben bin.

„Der Evolution geht es um Schönheit, um das Erlangen der perfekten Form jeder Gestalt.“ (S. 149) 

„Man muss den Menschen sagen, was sie zu denken haben. Anders geht es nicht. Sonst tut es ein Anderer.“ (S. 176) 

„Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts.“ (S. 204) 

„Doch alles Wissen wäre nicht zu ertragen. Denn jedes kleinste Teilchen der Welt ist aus Leid zusammengesetzt.“ (S. 254) 

„Der Zorn hinterlässt immer einen großen leeren Raum, in den sich unverzüglich, wie eine Flut, die Traurigkeit ergießt wie ein mächtiger Fluss ohne Anfang und Ende.“ (S. 275) 

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