Tijan Sila - Radio Sarajevo
In Radio Sarajevo erzählt Tijan Sila von seiner persönlichen Kindheit im Krieg. Die Belagerung von Sarajevo hat er zusammen mit seinem kleinen Bruder und den Eltern erlebt. 1994 gelang die Flucht nach Deutschland, den Krieg haben sie in den Köpfen mitgenommen.
Dabei wechseln auch immer mal wieder Perspektiven. Zum einen der junge Tijan, für den der Krieg im Verlauf zum Alltag wird. Erst voller Angst und Ungewissheit, die irgendwann zu Plünderrunden mit den Freunden werden (meistens Pornohefte, denn damit kann man bei den stationierten UN Soldaten Süßigkeiten, Zigaretten etc. tauschen). Die Schule und somit eine Art Alltag geht mitten im Krieg wieder los und sorgt für zusätzlichen Druck. Zum anderen der erwachsene Tijan, der zwischendurch Informationen aus der aktuellen Sicht reinreicht. Gerade was die Eltern und deren Verhalten anbelangt. Für mich persönlich, ein sehr gut getrennter Cut im Verlauf, der für mehr Verständnis sorgt und den Umgang mit dem Krieg, aus man geflohen ist, verarbeitet beziehungsweise mit sich herumträgt.
Wenn man einen Schritt zurückgeht und all die Analysen sein lässt, sich nur auf die Geschichte einlässt, dann ist es mindestens in den Top 3 meiner Bücher 2023. Klar, kann man all die Bilder, Verweise und Stilmittel herausstellen und betrachten aber das sitzt zurzeit bei mir einfach nicht drin. Das Buch habe ich in gut drei Stunden durchgelesen und dieser Schreibstil ist so flüssig und es greift alles gut ineinander. Es erfüllt alle meine Erwartungen, wenn ich mich auf die Couch setze und ein Buch in die Hand nehme. Perspektiven waren mir schon immer wichtig und wenn jemand seine eigene Geschichte zu einem Buch verarbeitet und diesen so wichtigen Blick auf eine Kindheit in einer belagerten Stadt teilt, bin ich gern bereit, mir die Zeit zum lesen zu nehmen.
Ein berührendes, ehrliches und so gut geschriebenes Buch, ich kann es euch nur ans Herz legen.
(Und ja, inhaltlich halte ich mich hier kurz, denn ich will das ihr es lest. Ich möchte da gar nicht soviel vorweg nehmen.)
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